Lesung im öffentlichen Raum – Förderung der Sozialen Teilhabe

Am 16. Mai fand auf dem Vorplatz des Literaturhauses in Schaan eine besondere Veranstaltung statt: Die erste öffentliche Lesung dieser Art in Liechtenstein mit dem Musiker und Autor Gian-Marco Schmid, auch bekannt als Gimma. In seinem Buch „Abschiede von Mutter“ setzte sich Gimma mit der schwierigen Beziehung zu seiner alkoholkranken, inzwischen verstorbenen Mutter auseinander. Schonungslos erzählte er von seiner Kindheit zwischen Sucht und Flucht und gab einen Einblick in eine Familie am Rand der sozialen Verwahrlosung. Der Musiker und Autor beleuchtete damit ein oft tabuisiertes Thema. Der Abend war intensiv, ehrlich und berührend. Seine Worte regten viele Anwesenden zum Nachdenken an.

Ein Begegnungsort für alle

Besonders bedeutsam war die Zusammensetzung des Publikums. Menschen aus unterschiedlichsten Lebensrealitäten kamen zusammen, darunter auch einige unserer Adressatinnen und Adressaten, für die kulturelle Veranstaltungen sonst kaum zugänglich sind.
Kurz vor Beginn der Lesung waren wir auf dem Lindaplatz in Schaan aufsuchend unterwegs und sprachen mit Menschen vor Ort. Wir luden direkt ein, informierten, dass die Veranstaltung kostenlos ist, eigene Getränke selbst mitgebracht werden dürfen, Rauchen erlaubt ist und dass es im Anschluss ein gemeinsames Abendessen gibt. Es gab alkoholfreie Getränke und ein warmes Linsendal, zubereitet mit Unterstützung der Offenen Jugendarbeit Triesen.
Diese niederschwelligen Rahmenbedingungen trugen dazu bei, Barrieren abzubauen und die Teilhabe zu ermöglichen.

Ein Raum für Austausch auf Augenhöhe

Im Anschluss an die Lesung entstand ein offener Dialog. Menschen, die selbst in prekären Lebensverhältnissen leben, meldeten sich zu Wort. Sie berichteten, wie ausgegrenzt sie sich in der Gesellschaft fühlen. Als Beispiel nannten sie das Biertrinken auf dem Lindaplatz in Schaan. Es mache einen Unterschied, wo und wie Alkohol konsumiert werde, ob bei einer Veranstaltung im Anzug oder auf einer Parkbank. In eine Bar zu gehen, sei aufgrund begrenzter finanzieller Mittel keine Option, deswegen trinken sie Dosenbier im öffentlichen Raum.

Diese Beiträge verdeutlichen, wie wichtig es ist, Menschen auf Augenhöhe und mit Wertschätzung zu begegnen. Die Teilnehmenden schätzten es, gemeinsam zu essen, sich auszutauschen und Teil einer Gemeinschaft zu sein.

Mehr als eine Lesung

Die Lesung mit Gimma war mehr als eine kulturelle Veranstaltung. Sie war ein Schritt in Richtung sozialer Teilhabe. Ein Raum, in dem Geschichten gehört, Erfahrungen geteilt und reflektiert wurde. Teilhabe beginnt, wo Menschen sich gesehen und ernstgenommen fühlen.